A note to anyone not familiar with the German language: Better luck next time.
Wohl wissend, dass Englisch nicht jedermanns Sache ist, möchte ich heute, da ein bisschen Zeit ist, auch mal was in Deutsch schreiben. Ich hoffe sehr, man möge mir meine fehlende Eloquenz vergeben. Dafür gibt es heute auch mal ‚Was mit Umlaut’ – ich komme endlich dazu, in Word zu schreiben. Eine englische Tastatur ist ja für meine Bedürfnisse eigentlich ausreichend und sogar vorteilhaft, hat aber den Nachteil, dass man Windows die Shortcuts nur für einzelne Programme und nicht für das ganze System beibringen kann. Tough luck. (Kleiner Nachtrag: Nachdem Word beschloss, zu spinnen, habe ich jetxt ein tolles Firefox-Add On, dass es mir erlaubt, sogar Arabisch zu schreiben. Jetzt müsste ich nur noch Arabisch sprechen. Dafür funktioniert das Mistding überall, nur nicht in diesem Editor. Also weiter Copy&Paste. In Word kann man aber gerade wirklich nicht schreiben. Es nimmt eine Zeile und kopiert sie circa ... naja, oft genug, als dass ich hinterher auf Seite 48 bin. Alles klar? Noch ein Nachtrag: Nach mehrmaligem Hin und Her probiere ich es ein letztes Mal mit Umlauten, diesmal mit einer auf Deutsch eingestellten Tastatur. Sprich: Ich rate für euch, wo die Tasten wären, wenn sie wären, wo sie sind. Alles klar? So bin ich zu euch. Und irgendwann schreib ich mal einen Text so, wie ich ihn hier auf meiner Tastatur sehe. Bäh.)
England. Das Land unbegrenzter Möglichkeiten, sich schon am Nachmittag zu besaufen – und wie wir ja alle wissen, waren es die Engländer, die Amerika erobert und zu dem gemacht haben, was es heute ist: Fast Food Nation und Land des schlechten Bieres. Die Ursprünge dessen finden sich auch hier in Manchester.
Am Mittwoch, also fast eine Woche im Lande, hatte ich meinen ersten Durchhänger. Es gibt so Tage, da geht einem alles auf die Nerven. Besonders alles, was nicht vertraut ist. Schließlich ist man nicht im Urlaub, sondern muss auf zwar absehbare, aber doch längere Zeit mit den ungewohnten regional-landestypischen Gebräuchen vorlieb nehmen. Dem Lärm und dem Alkohol und der Tatsache, dass man niemanden kennt, zum Beispiel. Also tat ich das, was ich immer tue, wenn mir die Welt zu viel ist: ein Buch kaufen und mich ins nächstbeste schöne Café setzen. Satz mit X.
Meine Arbeitszeiten variieren, so zwischen acht und zehn Stunden, meist von neun Uhr morgens an. Es stört mich nicht, zu Hause hätte ich ja nicht viel zu tun, und Peanuts meinen Langeweileputzfimmel in der ersten Woche zumuten, das wäre wohl zuviel des Guten. Kommt, sieht und putzt? Vermittelt vielleicht doch den falschen Eindruck. Also arbeite ich, solange man mich lässt. Nicht übermäßig viel, aber stetig und mit Einsatz. Flower scheint das ganz ok zu finden. Sagte er zumindest – aber man sagt ja viel beim zweiten Bier.
Jedenfalls habe ich am Mittwoch so gegen 18:00 Uhr abends Feierabend gemacht und mich auf die Suche nach einem Buchladen begeben. Leider ist es so, dass in England alle Läden in der Innenstadt schon um 17:00 Uhr schließen. Außer am Donnerstag und Samstag. Dafür haben die Supermärkte fast rund um die Uhr offen. Warum das so ist? Fragt mich nicht. Oder... naja, meine These ist, dass Tiefkühlessen und Take Away alles ist, was der Engländer so braucht. Außer Bier, natürlich.
Also, der Engländer jedenfalls geht nach der Arbeit nicht mehr einkaufen. Wo kämen wir da auch hin? Ich aber wollte gerne, und zwar ein Buch. Also machte ich mich auf den Weg, quer durchs Stadtzentrum bis zum Arndale Centre, in der Hoffnung, einen Buchladen zu finden. Was nicht der Fall war. Das einzige, was noch offen hatte, war ein WHS Smith – das ist so was wie der Palast der Groschenromane und Selbsthilfeliteratur. Anders gesagt: Man verkauft das, was die Mehrheit der Bevölkerung liest.
Nach langem Suchen bin ich dann fündig geworden und habe Orhan Pamuks Snow erstanden. Damit machte ich mich stolz wie Oskar auf den Weg in ein ordentliches Café. Das ich natürlich nicht kannte. Nach eineinhalb Stunden vergeblichen Suchens (Eine Menge Pubs, schlechte Café-Ketten mit Nichtraucher-Policy, und etlichen anderen Etablissements) habe ich entnervt aufgegeben, mich in den Bus geschwungen und Peanuts aufgefordert, doch mit mir ein Bier trinken zu gehen. In der wilden Hoffnung, ich würde im mittelschichtangehauchten Chorlton/West Didsbury ein nettes Plätzchen fürs nächste Mal entdecken. Geendet sind wir in einem typischen Pub: Holzbänke, Fußball und Betrunkene. Cheers.
Bis heute konnte ich keinen Ort finden, der sich nicht nach 16:00 Uhr in das Vortor zur Hölle verwandelt. Ich wünsche mir gerade ein bisschen Coventry und den Tin Angel zurück – aber vielleicht muss ich nur einfach noch ein bisschen suchen. Wenn es so weiter geht, werde ich noch Caffè Neros und Starbucks bester Customer. Ob es da einen Preis für gibt?
Die Arbeit macht Spaß und ich knüpfe langsam, ganz langsam erste Kontakte – auch wenn diese Versuche nicht immer von Erfolg gekrönt sind. Joomla hat mich Sissi vorgestellt, einer anderen Deutschen, die in einer recht netten Kneipe an der Uni arbeitet – dort, und in zwei weiteren Kneipen, um sich die Studiengebühren zu verdienen. Ich glaube, gestern lief es nicht so gut. Sie war müde und genervt, der Tag verregnet und ich fühlte mich auch beschissen.
Es ist seltsam, wie schnell einen diese Form der Einsamkeit überkommt. Man stellt fest, dass man grundlegend anders ist als alle anderen. Nicht, weil man die Sprache nicht beherrscht oder die Kultur nicht versteht, sondern weil man nicht in der Lage ist, die kleinen Gesten zu übernehmen, die Zwischentöne zu dekodieren. Man versteht, es ist mehr gesagt, als gesagt wurde. Man versteht sogar, nach einiger Übung, was. Darauf adäquat zu reagieren ist unmöglich, ohne völlig aufzugeben, was man ist. Kleidung, Ernährung, Gewohnheiten kann man alle ändern. Die eigene Person aufgeben ist zwangsläufig zum Scheitern verurteilt. Diesen Versuch habe ich letztes Mal aufgeben müssen. Dieses Mal warte ich auf eine Form von Konsens. Versuche, die Isoliertheit als einen vorübergehenden Zustand der Eingewöhnung oder des Aneinandergewöhnens zu betrachten, der über kurz oder lang zu einem Verständnis der Situation führt, in der man sich befindet. Nichtsdestotrotz ist es schwierig, sich die Orientierungslosigkeit nicht anmerken zu lassen. Nach dem Weg kann man fragen. Wie man eine Speise richtig isst, den Bus benutzt, ein Telefongespräch führt lässt sich durch Beobachtung imitieren. Die tieferliegenden Konstanten sind unmöglich zu erklären.
Ich habe es gut getroffen mit Squid, trotz dem. Ausländische Praktikanten sind nichts Neues, Flower hat selbst im Ausland gelebt. Man hat Verständnis, man ist unglaublich freundlich und geduldig und beantwortet jede noch so dumme Frage. Ich arbeite in den letzten Tagen viel mit Dazed zusammen: Public Relations, größtenteils. Dazed ist halb Englisch, halb Indisch – bildhübsch und mindestens genauso freundlich. Beide jung, weiblich und unbezahlt. Wir kommen klar. Gut, würde ich sagen.
Die Vielfalt an Menschen hier überrascht mich immer wieder. Unsere Haltestelle liegt auf dem Weg nach Wythenshaw, dem größten Council House Estate in Manchester. Dementsprechend viele ‚Ausländer’ sieht man hier – zumindest würde man das in Deutschland wohl so nennen. Hauptsächlich unterscheiden sich diese Leute von den seit mehr als drei Generationen hier Lebenden durch ihre Hautfarbe und ihren sozioökonomischen Status. Zwar finden sich in allen Berufen und Klassen Menschen mit (Wie heißt das jetzt so schön?) Migrationshintergrund (Ein Wort, dass meine Rechtschreibhilfe nicht kennt – Shame on you, Word), aber es ist doch auffällig, wie wirtschaftlich benachteiligt viele davon immer noch sind. Die Gründe sind vielfältig, vor allem aber schwer einzusehen, da man nur mit ‚Mittelschichtimmigrantenkindern’ in Kontakt kommt: Die aber sind so Englisch wie Minzsoße. Nicht, dass die irgendwer äße. Auffällig, und zwar im positiven Sinne, finde ich aber das Fehlen von Vorbehalten. Nein, Stopp. Die gibt es sicherlich, nur äußern die sich hier anders. Man hat grundsätzlich erst einmal keine, solange das Gegenüber derselben Schicht entstammt. Erst dann sortiert man nach ethnischer Zugehörigkeit. In Deutschland scheint mir das andersherum.
Auch bei diesem Spiel bin ich außen vor. Zu allererst bin ich weiß und sehe Englisch aus. Dann aber auch wieder doch nicht. Ich spreche die Sprache soweit, als dass ich nicht mit einem Akzent vorbelastet bin, der als negativ wahrgenommen wird. Allerdings fehlt meinem Englisch eindeutig die Klassenzugehörigkeit. Regional accent my arse, solange du nicht in die Schublade working class, lower middle class, middle class, upper middle class passt, solange löst du leise Verwirrung aus. Manchmal. Besonders, wenn man einen Hang zur Verwendung von Schimpfwörtern hat, die nicht ins leicht mittelschichtig angehauchte Midlandsenglisch passen. Halleluja. Irgendwann lerne ich’s. Ganz bestimmt.
Immer, wenn ich im Ausland bin, frage ich mich: Willst du das wirklich? Für immer? Hier leben? Kein anständiges Brot, keine Cafés, keine wirkliche Zugehörigkeit – niemals. Deine Kinder vielleicht – also die, die ich bis jetzt wirklich nicht will – aber du nie. Irgendwas in dir bleibt deutsch. Ja, sind wir nämlich. Ich hoffe, ihr habt nicht diese Illusion, dass Kultur euch nicht prägt. Ihr wisst schon, „Deutsch? Ich? Nein.“ Ich kenn so ein paar Spezies. Und die sind nicht mal bei der Antifa.
Mir wird immer wieder klar, wie unglaublich deutsch ich bin, wenn ich im Ausland bin, um dort zu leben. Und wie wenig deutsch, wenn ich in Deutschland bin. Es stört mich nicht. Aber es verkompliziert die Dinge manchmal. Denn so sehr mir die englische Kultur und Art zu leben auch gefällt (Und ich könnte und werde bestimmt hundert Sachen aufzählen, die ich daran hasse), ich werde nie wirklich Teil dessen sein. Genausowenig, wie mich Männerhosen anziehen je zu einem Mann machen wird. Oder in die Kirche gehen zu einem Gläubigen.
Das Ganze ermöglicht aber auch eine schöne Position des Beobachtens. Ganz und gar nicht unbeteiligt, und trotzdem völlig außen vor. Es ist ja nicht so, als dass man nicht über die Zeit Freunde und Bekannte fände. Es ist auch nicht so, als dass man sein Leben lang unangenehm auffiele, keine Ahnung hätte, worüber eigentlich geredet wird oder nicht den ein oder anderen Scherz machen könnte (Bei Weitem am Schwierigsten). Aber ein Teil von mir wird doch immer da sitzen und leise und heimlich Buch führen: „Ach, so geht das. Ach, das ist die Standardantwort. Ach, deshalb machen die das nicht. Ach, das ist ganz anders gemeint. Ach, das ist ja interessant. Was das wieder alles über die und über mich aussagt. Vorsicht, Hannah, gut abspeichern und bei Bedarf aufrufen.“
Also will ich das wirklich? Immer wieder gibt es diese Tage, da laufe ich bei verhangenem Himmel durch eine Fußgängerzone – randvoll mit Menschen, die hastig aus dem Büro gesprungen sind und ihre letzten Einkäufe erledigen, in einer Million Sprachen sprechen (wovon mindestens die Hälfte einfach nur Regio- und Soziolekte des Englischen sind, deshalb aber nicht minder unverständlich), alle in ihrer Welt und nicht auf dich achten (Warum auch?) – und dann fühle ich mich plötzlich unendlich einsam. Da ist niemand, den du anrufen kannst, mal eben, auf einen Kaffee. Niemand, der dir unverhofft über den Weg laufen wird. Kein Kellner im Café, der schon weiß, dass du einen Milchkaffee bestellen und dein Buch aufschlagen wirst. Niemand, der sich mal kurz meldet und am Wochenende auf ein Bier ausgehen will. Keine Termine, Sitzungen, Verpflichtungen, Treffen. Nur du und eine große anonyme Masse. Nur entfernte Bekannte, die alle davon ausgehen, dass du irgendwo, irgendwie schon ein paar Freunde haben wirst. An solchen Tagen will ich den nächsten Flieger buchen. Irgendwohin – einfach weg und wieder die ersten zwei Tage des Ankommens spüren. Das, oder die Vertrautheit einer Treppe, die ich schon hundertmal gegangen bin.
Was ich tue, immer wieder, ist ein Buch kaufen. Lesen. Kaffee trinken. Den Tag verbringen. Umbringen. Zeit totschlagen. Killing time in a supermarket. Die Frustration, vielleicht muss man die hinnehmen. Das geht. Den Hundeblick absetzen, sich wie ein erwachsener Mensch benehmen und nicht wie das verstoßene Kind, wie das man sich fühlt: Sollte man, ja, vielleicht. Manchmal hilft aber auch das verschwörerische Grinsen des italienischen Kellners. Ach wie gut, dass niemand weiß… außer dir natürlich, signiore. Naja, lesen, schlafen, aufwachen und hoffen, dass die Sonne scheint. Better luck next time. Sonne macht alles erträglich. Ein verregneter Tag mit verregneter Laune in einer Stadt, deren Straßen vertrauter werden, mit jedem Mal, das man in dieselbe Pfütze tritt – deren Gesichter aber so fremd sind, dass man genauso gut sonstwo sein könnte (was man ja auch ist), das macht mürbe auf Dauer. Das hält man nur begrenzte Zeit durch. Das muss man auch nur begrenzte Zeit durchhalten. Man findet seinen Platz schon, nur wie sagte Beckett? Es geht nicht schnell.
Man muss maulen. Ich muss maulen. Zuerst einmal ist mir eine der zwei blöden Katzen gerade über die Schulter gesprungen. Von hinten. Ich hätte beinahe meinen Laptop fallen lassen. Das alleine ginge ja – nur sind die beiden Viecher Freigänger mit paranoider Katzenmama. Die möchte nämlich, dass die abends reinkommen. Einen Katzenschlucker (oder wie das heißt) gibt es nicht, also muss man rufen. „Bella, heeeello, Bella. Geeeorge.“ Oh weh. Ich warte einfach, bis sie anfangen zu miauen. Dann noch ein paar Minuten. Dann sind sie mürbe und wollen wirklich rein. Nein, natürlich – ich halte es nur gut im Zaum, mein Mitleid. Selbiges werde ich auch nicht haben, wenn sich die kleine Prinzessin Bella im nächsten Moment aus meinem Fenster im ersten Stock stürzt, weil sie keine Lust hat, die Gartentür zu benutzen. (Die Sonne kommt raus. Oh, vielleicht doch nicht.) Jedenfalls wollen die Viecher immer raus und miauen. Wenn man sie dann lässt, wollen sie wieder rein. Wenn man sie dann lässt, wollen sie wieder… Naja. Ihr wisst schon. Meistens sperre ich sie aber eh aus, wenn ich koche oder esse. Besonderst George läuft gerne auf der Anrichte herum – und wenn jemand etwas Widerlicheres weiß, als Katzenhaare im Honig und Tatzenspuren in der Margarine zu finden, der möge sich bitte melden. Ich warte sowieso noch auf Kommentare von euch.
Peanuts ist wirklich nett. Sehr nett. Zu nett. Halt Mittelschicht, durch und durch. Es ist ein bisschen schwierig um acht Uhr morgens eine Meinung durch verschiedene Abstufungen von nice bis lovely zu vermitteln, wenn man einfach nur bloody fucking shit sagen möchte. Ist doch verständlich, oder? Noch schlimmer ist es, wenn man sich in Phrasen wickeln muss wie eine Leiche in Tücher. Nein, danke. Das ist sehr lieb von dir. Sicherlich, ich mache das, keine Sorge. Nein, nein, lass mich das bitte machen, es macht mir gar nichts aus (Heißt: Ich weiß sehr gut, dass ich das schon vor zwei Tagen hätte tun sollen.) Nein, es tut gar nicht weh; nicht schlimm, dass der Boden nass war, ich bin ja nur hingefallen, mir geht es gut, nein, ich bin sicher, blaue Flecken sind der letzte Schrei diesen Sommer und geschrien hab ich ja jetzt schon und überhaupt, es ist alles gut.
Peanuts ist aber nicht nur nett, sondern vor allem sehr amüsant. Im Moment ist ihr Freund Charlie zu Besuch, der ja eigentlich zurzeit in Paris weilt. Zusammen haben wir ferngesehen. Peanuts studiert Geschichte und hat sich sehr auf Religion und das Viktorianische Zeitalter spezialisiert. Umso erstaunter war ich, als sich dieses Gespräch um den Titel des dann folgenden Films entspann. Der Film hieß The Mark of Cain, also Das Kainsmal.
Peanuts: The Mark of Cain? Isn’t that biblical?
Charlie (in gewohnt leicht amüsierter Manier): Yeah, I think it is.
Peanuts: Hm, funny, I can’t remember what the story of Mark was about.
Ja, also, ich kann’s dir sagen. In der Geschichte geht es um Mark, einen jungen Hirten, der in Cain geboren wurde und dann zu unermesslichem Ruhm gelangte, indem er Adam und Eva posthum überzeugte, doch bitte ihren ersten Sohn nach seiner Geburtsstadt zu benennen und dafür zu sorgen, dass ein paar tausend Jahre die englische Sprache ein Wort beinhalten würde, das je nach Kontext sowohl ein Name sein als auch Mal oder Schandfleck bedeuten kann. Damit ging Mark aus Cain in die Geschichte ein. Leider vergaß man ihn dann doch im Laufe der Zeit zugunsten der viel unkomplizierteren und dem Wesen der Menschen viel näher liegenden Geschichte vom Brudermord. Poor Mark.
Aber ich verlange nicht, dass jemand in den unbekannteren und in unserem Kulturkreis doch eher unbedeutenden Geschichten aus der Bibel bewandert ist. Mir würde es schon ausreichen, wenn sie wüsste, wo Tunesien liegt und wie man das Wort immerse in einem Wörterbuch findet, auch und insbesondere wenn man sich über seine Schreibweise nicht im Klaren ist. Aber man kann nicht alles haben: Entweder einen Doktor in Geschichte oder Allgemeinbildung, sag ich immer. Das Humboldtsche Bildungsideal haben wir doch längst hinter uns gelassen. Schließlich lernen englische Kinder ja auch SMS schreiben, um das Deutschlernen spannender zu gestalten. Und seit GPS muss man auch nicht wissen, wo das Land liegt, in dem man sich befindet. Oder sich darüber im Klaren sein, dass der Rest der Welt Großbritannien durchaus als einen Teil von Europa betrachtet.
Aber nicht nur Peanuts ist lustig. Auch Flower hat so seine Eigenheiten. Früher hätte ich meinen Boss als legasthenisch-angehaucht bezeichnet, aber heute nennt man das wohl orthographisch gefordert. Es tut mir in der Seele weh, Rechtschreibfehler in offiziellen Dokumenten zu finden, die nicht nur peinlich sind, sondern auch den Sinn des Satzes so entstellen, dass zwischen gesendeter und empfangener Botschaft wohl keine große Ähnlichkeit mehr besteht. „The festival is now in it’s forth year.“ Bravo, sag ich da, gleich zwei mit einer Klappe. Fast wie das Schneiderlein.
Und sonst? Heute wollte ich eigentlich mal nach Chorlton rein, und vielleicht mache ich das auch noch, aber da es nur noch zwei Stunden bis Ladenschluss sind, lohnt es sich wohl nicht so ganz. Bis ich mal geduscht habe. Nichts essen ist vielleicht auch eine gute Lösung, denn gesunde Ernährung kann hier nur aus Reis, Cous-Cous und Gemüse bestehen, alles andere ist vorverarbeitet, gewürzt, behandelt und verändert – bis zur Unkenntlichkeit. Tiefkühlkost, Süßigkeiten, Alkohol und Chips nehmen ungefähr drei Viertel der Ladenfläche weg – der Rest gehört fünfzig verschiedenen Sorten Toast, diversen Tees, Instantkaffeesorten, Mayonnaisen, Pickles und dem ein oder anderen Gemüse. Pickle und Chutney sind aber toll. In Chorlton gibt es eine polnische Bäckerei, also wird Toast nur gegessen, wenn gewünscht, das geht.
Schwieriger ist es, nicht wieder dem Alkoholismus anheim zu fallen. Wie gesagt, spätestens ab um vier wird gesoffen, an freien Tagen, zu besonderen Anlässen (z.B. der Mittagspause) auch schon mal eher. Und wer abends oder nach um fünf in eine Kneipe kommt und einen Kaffee oder eine Cola light bestellt, muss zwangsläufig schon mal die richtige Antwort auf die ungläubige Frage: „Anything else?“ parat haben. Ich schlage mich, so gut es geht. Und ernte verwirrte Blicke. Trinken aber bekommt mir gerade nicht so, und Peinlichkeiten wie das unkontrollierte Zuschwallen von Flower möchte ich mir in Zukunft ersparen. Den Schädel um sieben Uhr morgens sowieso.
So, wer das jetzt bis zum Ende gelesen hat, der wird mir verdammt nochmal auch mal einen Kommentar schreiben. Danke.
PS: Das geht natürlich nicht an die fleißige Fruchtfliege, die auf ihr Bier wohl noch ein bisschen warten muss.
PPS: Und falls mein Herr und Gebieter mir mal mitzuteilen gedächte, wo er sich befindet, könnte ich mich auch dazu herablassen, mich mal zu melden. Sachdienliche Hinweise bitte an die offiziellen Stellen oder hier als Kommentar. Danke.